15. September 2021 | der Europäische Gerichtshof hat entschieden und unsere Beschwerde als unzulässig erklärt

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden und unsere Beschwerde als unzulässig erklärt.

Das Ganze hat auch etwas Positives – die Entscheidung liess nicht lange auf sich warten und somit ist unser Begehren, die «Gleichbehandlung der im Inland kaufenden Bevölkerung» definitiv vom Tisch.

Sehr kurze Zusammenfassung:

  • Der Schweizer Staat begründet seinen Verzicht auf jährlich aktuell ca. eine Milliarde Franken damit, dass das Einkassieren dieser Gelder als «verwaltungsökonomisch» nicht vertretbar sei
  • Das Bundesgericht hat unsere Beschwerde abgelehnt und ist, wie schon vom Bundesverwaltungsgericht praktiziert, nicht auf den Kern das Sache eingegangen und hat den Ball mehr oder weniger wieder der Politik zugespielt
  • Unsere Politiker fühlen sich (mit sehr wenigen Ausnahmen) nicht zuständig
  • Der Europäische Gerichtshof befasst sich so gut wie gar nicht mit der Thematik. An und für sich ein kluger Entscheid. Handelt es sich immerhin um einen zweistelligen Milliardenbetrag, der im grenznahen EU-Raum auf dem Spiel steht
  • Die Schweiz subventioniert weiterhin das grenznahe Gewerbe zum Schaden unseres heimischen Gewerbes und die EU nimmt dieses Geschenk dankend an
  • Die EU reklamiert umgehend, wenn sie bei uns eine Innländer-Bevorteilung auszumachen glaubt
  • Dass der Schweizer Staat jedoch eine unbestrittene und klare Inländer-Benachteiligung vollzieht, wird diskussionslos und dankend angenommen
  • Es würde sich lohnen, bei der nächsten Rüge seitens des Europäischen Gerichtshofes etwas differenzierter hinzuschauen

Es ist jedem Interessierten, ob pro oder kontra, überlassen, sich eine eigene Meinung zu bilden.

18. Juni 2021 | Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht mit unterschiedlichen Begründungen sich entweder als nicht oder nur bedingt zuständig fühlen, oder dann auf den Kern der Sache erst gar nicht eingegangen sind, wird es interessant sein, auf welchen Standpunkt sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellt.

Juristerei in Verbindung mit politischer Untätigkeit können mit normalem Menschenverstand nicht verstanden werden 🤔

Ganz wenige Auszüge der Vorgerichte:

  • Auszug aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht (3.3 S 16)
    • Es bleibt abzuwarten, welche politischen Entscheide diesbezüglich gefällt werden
    • Es ist weder Aufgabe des Gerichts, noch liegt es in seiner Kompetenz, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens in diesen Prozess einzugreifen
      • unter dem Aspekt, dass der Bundesrat auf dem „verwaltungsökonomischen Standpunkt“ verharrt und die Parlamente sich handzahm verhalten, bedeutet das nichts anderes als definitiver Stillstand
  • weiters kommt dieses Gericht auf Seite 14 zu folgendem Schluss:
    • Ergänzend ist festzuhalten, dass inländische Unternehmer ohnehin keinen Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung mit ausländischen Konkurrenten haben, welche nicht dem schweizerischen Mehrwertsteuerrecht unterliegen
      • festzuhalten ist auch, dass der Schweizer Staat mit seinem „praktizierten Mehrwertsteuerrecht“ die ausländischen Konkurrenten (zum Nachteil des inländischen Gewerbes) subventioniert
  • Auszüge aus dem Urteil des Bundesgerichts vom 1. Dezember 2020
    • …die Zoll- und die Einfuhrsteuerfreiheit sind verwaltungsökonomisch motiviert. Sie sollen der Vereinfachung des nichtkommerziellen Reiseverkehrs dienen, da der Aufwand und die Erhebung der (geringfügigen) Steuer in einem Missverhältnis zu ihrem Ertrag stünde
      • …unter dem Aspekt, dass es sich jährlich um 1 Milliarde Franken handelt, eine ernüchternde Feststellung seitens des Bundesgerichts
    • Dieser Einwand ist an sich nachvollziehbar, wirkt die Ungleichbehandlung sich für die grenznahen inländischen Gewerbebetriebe doch anerkanntermassen nachteilig aus
      • …dies zwar eine der Antworten des Bundesgerichts zu unserer Aussage, dass der Staat das inländische Gewerbe gegenüber dem ausländischen Gewebe benachteiligt – Handlungsbedarf sieht das Bundesgericht jedoch nicht
    • Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, sich zur Sachgerechtigkeit einer Verordnungsbestimmung etwa in politischer oder wirtschaftlicher Hinsicht zu äussern
      • …der Staat verschenkt wegen einer Verordnung, welche der Bundesrat problemlos innert Monatsfrist ändern könnte, jährlich 1’000 Millionen Franken an der Grenze und ist nicht gewillt, diese Vorzüge auch der im Inland kaufenden Bevölkerungen zukommen zu lassen
    • …unter Berücksichtigung dieser Aspekte erscheint die beschränkt auf den nichtkommerziellen Reiseverkehr verordnete Wertfreigrenze von Fr. 300.– vor dem Hintergrund von Art. 8 Abs. 1 BV noch als vertretbar
      • …ab welcher Summe wäre es wohl auch für das Bundesgericht „nicht mehr vertretbar?“
      • …mit anderen Worten:
        • todschlag wird bestraft
        • fast todschlag ist noch vertretbar
    • „…es ist nicht zu übersehen, dass es einen Konflikt gibt zwischen den Erhebungsgrundsätzen der Wettbewerbsneutralität und der Verfahrensökonomie
      • …das Bundesgericht erkennt zwar einen Konflikt, ist aber nicht bereit, die Politik darauf hinzuweisen bzw. Gleichbehandlung zu verlangen
    • „…der Steuerbetrag auf den Fr. 300.– (Fr. 23.10 beim Normalsatz) ist zwar nicht gerade vernachlässigbar, aber auch nicht derart hoch, dass die resultierende Wettbewerbsverzerrung als übermässig bezeichnet werden müsste

Fazit – es gibt keine zuständige Justiz-Instanz in der Schweiz, bzw. der Ball wird der Politik zugespielt und diese sieht keinen Handlungsbedarf




29. Dezember 2020 | Das Urteil des Bundesgerichts trifft in Buchs ein

Unsere Beschwerde an das Bundesgericht vom 31. August 2020 hat diese, letzte Instanz, mit Urteil vom 1. Dezember 2020, abgelehnt.
Überraschend ist, dass das Bundesgericht innert so kurzer Zeit sich der Sache angenommen und ein Urteil gefällt hat.
Das Urteil ist (siehe Anhang) für Nichtjuristen nur sehr schwer zu lesen. Es muss festgehalten werden, dass auch das Bundesgericht analog dem Bundesverfassungsgericht nicht auf den Kern der Sache eingegangen ist und den Ball mehr oder weniger deutlich der Politik zuspielt.

Für einen raschen Überblick der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichts haben wir ebenfalls im Anhang eine Zusammenfassung. Interessierte Leser finden in diesem Blog sämtliche Details in chronologischer Reihenfolge.

Straffe Zusammenfassung aus dem Urteil des Bundesgerichts:

  • …die Zoll- und die Einfuhrsteuerfreiheit sind verwaltungsökonomisch motiviert. Sie sollen der Vereinfachung des nichtkommerziellen Reiseverkehrs dienen, da der Aufwand und die Erhebung der (geringfügigen) Steuer in einem Missverhältnis zu ihrem Ertrag stünde
    • Bei der Steuer geht es pro Jahr um ca. 1’000 Millionen Franken. Dass das Bundesgericht dies als „geringfügige Steuer“ bezeichnet müsste nicht nur bei uns Fragen aufwerfen
  • Dieser Einwand ist an sich nachvollziehbar, wirkt die Ungleichbehandlung sich für die grenznahen inländischen Gewerbebetriebe doch anerkanntermassen nachteilig aus.
    • Dies die Antwort des Bundesgerichts zu unserer Aussage, dass der Staat das inländische Gewerbe gegenüber dem ausländischen Gewebes benachteiligt
  • «Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, sich zur Sachgerechtigkeit einer Verordnungsbestimmung etwa in politischer oder wirtschaftlicher Hinsicht zu äussern»
    • Der Staat verschenkt wegen einer Verordnung, welche der Bundesrat problemlos innert Monatsfrist ändern könnte, jährlich eine Milliarde Franken an der Grenze und ist nicht gewillt, diese Vorzüge auch der im Inland kaufenden Bevölkerungen zukommen zu lassen  
  • ….unter Berücksichtigung dieser Aspekte erscheint die beschränkt auf den nichtkommerziellen Reiseverkehr verordnete Wertfreigrenze von Fr. 300.– vor dem Hintergrund von Art. 8 Abs. 1 BV noch als vertretbar
    • Die Aussage des Bundesgerichts „noch als vertretbar“ verleitet zu Überlegungen, wie wohl das Urteil aussehen könnte, wenn die Gegenpartei nicht der Staat wäre
  • …..es ist nicht zu übersehen, dass es einen Konflikt gibt zwischen den Erhebungsgrundsätzen der Wettbewerbsneutralität und der Verfahrensökonomie
    • Das Bundesgericht erkennt zwar einen Konflikt, ist aber nicht bereit, die Politik darauf hinzuweisen bzw. Gleichbehandlung zu verlangen
  • ….der Steuerbetrag auf den Fr. 300.– (Fr. 23.10 beim Normalsatz) ist zwar nicht gerade vernachlässigbar, aber auch nicht derart hoch, dass die resultierende Wettbewerbsverzerrung als übermässig bezeichnet werden müsste.
    • auch diese Formulierung seitens des Bundesgerichts lässt Spielraum für Gedanken, wie wohl eine Rechtsprechung aussehen könnte, wenn die Gegenpartei nicht die Eidgenössische Steuerverwaltung wäre


Wie weiter?

Wir sind der Ansicht, dass diese, vom Schweizer Staat gelebte Praxis nicht nur verfassungswidrig ist, sondern auch eine Menschenrechtsverletzung darstellt.

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht diese Praxis absegnet oder sich als nicht zuständig erklärt und den Ball mehr oder weniger deutlich der Politik zuspielt, bleibt leider nur der Gang an den EGMR.

Warum «Menschenrechtsverletzung»

  • Wenn eine Person ein Produkt bis zu einem Warenwert von Fr. 300.– im Inland kauft, verlangt der Schweizer Staat vom inländischen Gewerbe das Erheben der MWST ab dem ersten Franken
  • Wenn dieselbe Person, dasselbe Produkt im Ausland kauft zeigt sich der Staat grosszügig und verzichtet am Zoll auf die Mehrwertsteuer und ist nicht gewillt, diese Vorzüge auch der im Inland kaufenden Bevölkerung zukommen zu lassen

  • Fazit:
    • Die im Inland kaufende Bevölkerung wird vom Schweizer Staat abgestraft und das kommt einer Menschrechtsverletzung gleich

31. August 2020 | Beschwerde an das Bundesgericht in Lausanne

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen in seinem Urteil vom 23. Juni 2020 folgendes festgehalten hat:

  • Auszug aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 23. Juni 2020  (3.3 S 16)«
    • Abschiessend ist darauf hinzuweisen, dass die Thematik der Wertfreigrenze auf politischer Ebene seit Jahren kontrovers diskutiert wird…..
    • Es bleibt abzuwarten, welche politischen Entscheide diesbezüglich gefällt werden. Es ist weder Aufgabe des Gerichts, noch liegt es in seiner Kompetenz, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens in diesen Prozess einzugreifen»

Liegt es nun am Bundesgericht zu entscheiden, ob es korrekt ist, dass:

  • die Abstrafung der im Inland kaufenden Bevölkerung – durch unseren Staat
  • die Subventionierung des ausländischen Gewerbes – durch unseren Staat
  • die dadurch bedingte Schlechterstellung des einheimischen Gewerbes – durch unseren Staat

weiterhin bestehen bleibt

…..und ganz aktuell:

  • hilft unser Staat mit seinem Verhalten hartnäckig mit, dass sich das ausländische Gewerbe von den CORONA bedingten, einschneidenden Problemen, rascher erholen kann und auf der Strecke bleibt das grenznahe inländische Gewerbe mit seinen Mitarbeitenden!

Für unser Verständnis begeht unser Staat damit eine Menschenrechtsverletzung an seinen eigenen Bürgern.
Jahrelange, politisch kontrovers geführte Diskussionen sind unter diesem Gesichtspunkt sehr schwer zu verstehen – sind sich die nationalen und regionalen Politiker dessen bewusst?

29. August 2020 | Frage an Ständerat Benedikt Würth (inkl. seiner Antwort) und Information an Bundesrätin Karin Keller-Sutter

Am 30. Mai 2016 schrieb das Volkswirtschaftsdepartement St. Gallen, Benedikt Würth, Regierungspräsident, folgendes:

  • „Der Regierung sind diese Ungleichheiten, die in der Grenzregion zu Wettbewerbsverzerrungen führen, bekannt. Sie hat dazu in Ihrer Antwort vom 27. Oktober 2015 zu einer Interpellation aus dem Kantonsrat Stellung genommen.“
  • „Wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten alles unternehmen, damit die angesprochene Ungleichheit beseitig wird.“

Nachdem über vier Jahre vergangen sind und Herr Benedikt Würth als Ständerat noch näher „an Bundesbern“ gerückt ist, wäre es interessant zu erfahren, was er alles unternommen hat um die von ihm angesprochen „Ungleichheit“ zu beseitigen – siehe unser Schreiben an Ständerat Benedikt Würth im Anhang.

Unsere Region wird durch Bundesrätin Karin Keller-Sutter in Bern vertreten. Das hat uns veranlasst, Bundesrätin Karin Keller-Sutter zu informieren.
Details siehe unser Schreiben an Bundesrätin Karin Keller-Sutter (siehe oben).

25.09.2020 | Bundesrätin Karin Keller-Sutter beantwortet das an Sie gerichtete Informations-Schreiben vom 29. August 2020

Auch dieses Schreiben geht nicht auf das Kernthema ein. Auf die Abstrafung der Inlandkäufer und der daraus resultierenden Ungleichbehandlung wird partout nicht eingegangen.
Unser Fazit:

  1. Der Bundesrat will gar keine Steuergleichbehandlung zwischen Inlandkäufer und Währungstourismus
  2. Die Subventionierung des ausländischen Gewerbes nimmt er als selbstverständlich hin
  3. Wenn der Bundesrat die Hochpreisinsel Schweiz bekämpfen will, dann müssen die Löhne runter und zwar massiv. Alles andere ist in den meisten Fällen (vor allem im Dienstleistungsgewerbe) Augenwischerei

06.09.2020 |Die Antwort von Ständerat Benedikt Würth

From: Würth Benedikt <Benedikt.Wuerth@parl.ch>
Sent: Sunday, September 6, 2020 12:44:44 PM
To: FEDERER AUGENOPTIK | Info <info@federerbuchs.ch>
Subject: Ihr Schreiben

Sehr geehrter Herr Meier
Ich bedanke mich für Ihr Schreiben vom 29. August
Das Geschäft ist aktuell im NR

Leider hat die WAK-N einen ablehnenden Antrag dem Rat gestellt. Allerdings vertreten die NR Ritter und Friedli aus unserm Kanton eine entsprechende Minderheit.

Wir werden die weitere Beratung im NR abwarten und dann wieder aktiv werden.

Im Gespräch mit NR werde ich die Wichtigkeit dieser Standesinitiative unterstreichen

Beste Grüsse
Benedikt Würth
Ständerat

Unsere Antwort an Ständerat Benedikt Würth

Von: FEDERER AUGENOPTIK | Walter Meier
Gesendet: Sonntag, 6. September 2020 19:47
An: ‚Benedikt.Wuerth@parl.ch‘ <Benedikt.Wuerth@parl.ch>
Betreff: WG: Ihr Schreiben

Sehr geehrter Herr Ständerat

Auch wenn ich die in unserem Schreiben vom 29. August 2020 gestellte Frage nicht beantwortet sehe, bedanke ich mich ganz herzlich für Ihre Informationen.

Freundliche Grüsse aus Buchs

Walter Meier 
——————————————————————————-
Federer Augenoptik AG | Grünaustrasse 25 | 9470 Buchs SG 
Tel. +41 81 750 05 40 | Fax. +41 81 750 05 41
wm@federerbuchs.ch | www.federerbuchs.ch

7. Juli 2020 | Eingang Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Einige persönliche Gedanken zum Urteil vom Bundesverwaltungsgericht vom 23. Juni 2020

Das Bundesverwaltungsgericht hat es sich leicht gemacht.
Zusammengefasst hat das Gericht der ESTV (Eidgenössischen Steuerverwaltung) einen Persilschein ausgehändigt mit der Feststellung, dass sie alles paragraphengetreu macht – übrigens etwas, das wir nie bestritten haben. Insbesondere die fehlende Möglichkeit die Gesetze auf ihre Übereinstimmung mit der Verfassung zu prüfen (fehlende Verfassungsgerichtsbarkeit) ist vorliegend stossend. Sich hinter Paragraphen verstecken und damit eine Menschenrechtsverletzung rechtfertigen, ist mehr als stossend.

Im Urteil ist auf Seite 4 / 1.6.1 folgendes zu lesen:

«Das Bundesverwaltungsgericht ist verpflichtet, auf den unter Mitwirkung der Verfahrensbeteiligten festgestellten Sachverhalt die richtigen Rechtsnormen und damit jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als zutreffend erachtet, und ihm jene Auslegung zu geben, von der es überzeugt ist»

«jenen Rechtssatz anzuwenden» lässt mich als Laie hellhörig werden. Heisst das mit anderen Worten:

dass das Gericht auch einen «anderen Rechtssatz» hätte anwenden können – einen Rechtssatz, der es erlaubt hätte:

die offensichtlichen Mängel an der staatlichen Praxis zu rügen?

und damit den Bundesrat darauf hinzuweisen mit der Aufforderung, diesen Missstand zu beheben!

Um dem Urteil, welches fast ein Jahr auf sich warten liess, einen würdigen Umfang zu geben wurden jede Menge unbestrittene Punkte aufgeführt. Es mag ja «prozesstechnisch» notwendig erscheinen, ist aber nicht geeignet, das Wesentlichen auszublenden bzw. davon abzulenken:

  • Für Personen mit normalem Menschenverstand stellt die vom Staat gelebte Praxis nichts anders dar als:
    • die Benachteiligung der im Inland kaufenden Bevölkerung was einer krassen Ungleichbehandlung und somit einer Menschenrechtsverletzung gleichkommt
    • die Subventionierung des ausländischen Gewerbes welches wiederum einer Schlechterstellung des inländischen Gewerbes durch den eigenen Staat zur Folge hat
    • und ganz aktuell kurbelt unser Staat damit die durch CORONA stark leidende Wirtschaft an – leider die Wirtschaft der umliegenden Staaten und das Nachsehen haben einmal mehr das inländische Gewerbe und somit auch deren Mitarbeitenden
      => unser Staat hilft hartnäckig mit, dass sich das ausländische Gewerbe rascher als das inländische Gewerbe erholen kann
      => für jeden Entscheidungsträger des inländischen Gewerbes nichts anderes als ein Schlag ins Gesicht
  • Den politischen Entscheidungsträgern möchte ich in keinster Weise «normaler Menschenverstand» absprechen.
    • Auszug aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht (3.3 S 16)
      • «Abschiessend ist darauf hinzuweisen, dass die Thematik der Wertfreigrenze auf politischer Ebene seit Jahren kontrovers diskutiert wird…..
        Es bleibt abzuwarten, welche politischen Entscheide diesbezüglich gefällt werden. Es ist weder Aufgabe des Gerichts, noch liegt es in seiner Kompetenz, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens in diesen Prozess einzugreifen
    • An dieser Stelle allen Politikern welche diesen Missstand erkennen und aktiv bekämpfen ein herzliches Dankeschön im Namen aller betroffenen Gewerbetreibenden und deren Mitarbeitenden
  • Was ist aber mit der grossen Mehrheit der politischen Entscheidungsträger los, welche die Folgen dieser existenzbedrohenden Situation nicht erkennen können oder wollen?
    Die Mehrheit der:
  • Stadtpräsidenten, Kantonsräte, Regierungsräte, Kantonal- und Ständeräte etc. scheinen völlig unbeeindruckt zu sein – mit anderen Worten:
    • die Ungleichbehandlung und Abstrafung der im Inland kaufenden Bevölkerung durch den Staat nehmen sie als selbstverständlich hin
    • und die damit verbundene Subventionierung des ausländischen Gewerbes durch unseren Staat findet ihre uneingeschränkte Zustimmung
  • Allen Politiker, welche sich jetzt ungerecht behandelt fühlen empfehle ich einen Blick in den Spiegel mit den Fragen:
    • was habe ich dagegen getan?
    • was habe ich erreicht?
    • was könnte ich ab jetzt tun?
  • Für uns als Beschwerdeführer hat das Gericht aus formellen Gründen:
    • das Thema der Abstrafung der im Inland einkaufenden Bevölkerung nicht gewürdigt
    • und die Tatsache, dass der Bund das ausländische Gewerbe subventioniert in einem Nebensatz abgekanzelt

Aus unserer Beschwerde (S 9 und 10) vom 12. Juni 2019 an das Bundesverwaltungsgericht:

«Das inländische Gewerbe wird mit der Wertfreigrenze gegenüber dem grenznahen ausländischen Gewerbe diskriminiert und der Konsument der im Inland einkauft wird benachteiligt, indem er für das identische Produkt einen um die Mehrwertsteuer erhöhten Preis bezahlen muss»
«Die Verletzung der Rechtsgleichheit ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz (S.8 der Verfügung und Einsprache Erw. 2.2) darin zu erkennen, dass gleiche Produkte, gleiche Leistungen, aufgrund der unterlassenen Mehrwertbesteuerung verbilligt werden womit der Schweizer Staat das ausländische Gewerbe durch diese Art der Subventionierung bevorteilt»

«Diese Ungleichbehandlung des inländischen Gewerbes gegenüber dem grenznahen Gewerbe im Ausland ist damit eindeutig diskriminierend und verletzt nicht nur Art. 8 der Bundesverfassung, sondern auch Art. 14 der EMRK»

Zu dieser Thematik einige Auszüge aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2020 (2.3.1 / S 8)

  • 2.3.1 Gemäss Art.8 Abs. 1 BV sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich.
    • Das Gebot der rechtsgleichen Behandlung ist verletzt, wenn ein Erlass hinsichtlich einer entscheidenswesentlichen Tatsache rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist
    • oder wenn er Unterscheidungen unterlässt, die sich auf Grund der Verhältnisse aufdrängen
    • Die Rechtsgleichheit ist verletzt, wenn Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Unterscheidung ungleich behandelt wird
    • Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich beantwortet werden, je nach den herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen
    • Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze und des Willkürverbots ein weiterer Spielraum der Gestaltung, den das Bundesgericht nicht durch eigene Gestaltungsvorstellungen schmälert
  • und auf Seite 11 und 12 des genannten Urteil:
    • führt das Gericht ausführlich aus, dass das nicht erheben der Mehrwertsteuer durch die Einfuhrsteuer wettgemacht werde. Im gleichen Atemzug erklärt das Gericht aber auch, das auf die Einfuhrsteuer auf Grund einer verwaltungsökologischen Massnahme verzichtet wird!
  • weiters kommt das Gericht auf Seite 14 zu folgendem Schluss:
    • «Ergänzend ist festzuhalten, dass inländische Unternehmer ohnehin keinen Anspruch auf rechtsgleiche Behandlung mit ausländischen Konkurrenten haben, welche nicht dem schweizerischen Mehrwertsteuerrecht unterliegen.
    • Auch von einer Diskriminierung im Sinne von Art. 14 EMRK – wie sie die Beschwerdeführerin geltend macht – kann keine Rede sein»
  • Zusammengefasst heisst das nichts anderes als dass:
    • auch das Bundesverwaltungsgericht – «unter Anwendung des ihm als geeignet erscheinenden Rechtssatzes» -unsere Beschwerde in allen Teilen ablehnt
    • und somit die Ungleichbehandlung der im Inland kaufenden Bevölkerung für korrekt befindet und die Subventionierung des ausländischen Gewerbes durch unseren Staat schützt

Noch einige Gedanken zur „verwaltungsökonomischen Massnahme“
Aktuell, mangels statistischer Zahlen, müssen wir von einer Schätzung ausgehen und kommen zum Schluss, dass der Staat jährlich am Zoll zwischen 700 und 1‘000 Millionen CHF verschenkt!

  • Seit unserem ersten Schreiben zu dieser Thematik an den Bundesrat vom 6. Mai 2016 sind dies (Stand Sommer 2020)
    • zwischen 2,8 und 4 Milliarden Franken
  • Auf solche Summen unter dem Titel «verwaltungsökonomische Massnahme» zu verzichten, müsste, nicht erst heute, Fragen aufwerfen
  • Die 2,8 bis 4 Milliarden Fr. welche der Staat am Zoll verschenkt sind bei weitem nicht alles. Diese vom Bund hartnäckig beibehaltene und neuerdings vom Bundesverwaltungsgericht geschützte Praxis hat auch zur Folge, dass:
    • dadurch das gesamte inländische Gewerbe (es geht hier nicht und die Beschwerdeführerin) nachweislich benachteiligt wird und somit weniger Mittel für Investitionen zur Verfügung stehen
    • der Druck auf die Mitarbeitenden in den betroffenen Betrieben zwangsläufig grösser wird
    • der Unmut und die Unzufriedenheit der betroffenen Mitarbeitenden auch gegenüber dem Staat zunehmen wird
    • Personalabbau mit all seinen Folgen eine logische Folge darstellt
    • Geschäftsaufgabe unvermeidbar werden
  • Für uns greift es zu kurz, wenn man betroffenen Unternehmen Misswirtschaft, mangelnde Kenntnisse der wirtschaftlichen und branchenspezifischen Kenntnisse etc. unterstellt
  • Es dürfte unbestritten sein, dass wir nebst dem sehr starken Franken nicht noch weitere – «vom Staat produzierte Nachteile» – länger verkraften können

Um nicht auf Schätzungen aufbauen zu müssen, haben wir am 16. Juli 2020 folgende schriftliche Anfrage an das Bundesamt für Statistik gestellt:

Bundesamt für Statistik
Espace de l’Europe 10
CH-2010 Neuchâtel

Buchs, 16. Juli 2020

Anfrage zum Erlass der Mehrwert- und oder Einfuhrsteuer am Zoll

Sehr geehrte Damen und Herren

Wir befassen uns seit über vier Jahren mit den Folgen der vom Bund praktizierten Warenfreigrenze am Zoll. Die Pressemeldungen zu diesem Thema mehren sich und als Grössenordnung erhärten sich Umsatzzahlen von bis zu 10 Milliarden Franken / Jahr.

Wir gehen davon aus, dass dem Bund Zahlen oder auch Hochrechnungen dazu vorliegen. Darf ich Sie bitten, uns diese Zahlen schriftlich zukommen zu lassen. Für den Fall, dass die Zahlen online zugänglich sind, reicht uns der Link dazu.

Für Fragen zögern Sie nicht uns zu kontaktieren.

Vielen Dank für Ihre Bemühungen

und freundliche Grüsse

Per 31. Juli 2020 haben wir Antwort bekommen.
So wie es scheint, hat das Amt für Statistik keine Zahlen im Zusammenhang mit der Wertfreigrenze und von sich aus an EZV (Eidgenössische Zollverwaltung) weitergeleitet

Sehr geehrter Herr Meier

Ihre Anfrage wurde uns vom Bundesamt für Statistik als zuständiges Amt weitergeleitet.

So wie ich aus Ihrem Schreiben entnehmen kann, wünschen Sie Daten zum Mehrwertsteuer- und Zollausfall aufgrund des Einkaufstourismus. Solche Zahlen erhebt die Zollverwaltung explizit nicht und Schätzungen dazu liegen auch nicht vor. Jedoch können Sie diese Daten aus dem Bericht zum Postulat der Finanzkommission des Nationalrates entnehmen.
…………………………………………………………………

Sollten Sie weitere Fragen, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren.

Freundliche Grüsse
………………….
………………….
Eidgenössisches Finanzdepartement EFD
Eidgenössische Zollverwaltung EZV
Direktion
Abteilung Risikoanalyse und Statistik

Monbijoustrasse 40, 3003 Bern

24. August 2019 | Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) reicht die Vernehmlassung ein

Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass die ESTV hartnäckig versucht, auf unser einziges Anliegen nicht einzugehen bzw. maximal davon abzulenken

Zur Erinnerung nochmals unser Ziel:

  • Wir akzeptieren (verstehen können wir es nicht), dass unserem Staat das Einkassieren der Mehrwertsteuer bis zu einem Warenwert von Fr. 300.- am Zoll zu aufwändig ist!
  • Im Sinne der Gleichbehandlung verlangen wir, dass derselbe Staat auch bei der im Inland kaufenden Bevölkerung auf das Einkassieren der Mehrwertsteuer bis zu einem Betrag von Fr. 300.- verzichtet!

Nun liegt der Ball beim Bundesverwaltungsgericht

06. August 2019 | Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) ersucht das Bundesverwaltungsgericht um Fristverlängerung

  • „Aufgrund von anderen termingebundenen Arbeiten der auch für das vorliegenden Verfahren zuständigen Mitarbeiterin, ersuchen wir Sie um eine Fristerstreckung. Wir ersuchen Sie, uns im obgenannten Verfahren die Frist zur Einreichung der Stellungnahme um 30 Tage bis Freitag, 23. August 2019 zur erstrecken.“

24. Juni 2019 | Bundesverwaltungsgericht ersucht die ESTV eine Vernehmlassung einzureichen

Nachdem der Fall durch das Bundesverwaltungsgericht angenommen wurde folgt der nächste Schritt. Das Gericht gelangt an die Vorinstanz namentlich an die ESTV (Eidgenössische Steuerverwaltung)

  • „Die Vorinstanz wird ersucht, bis zum 25. Juli 2019 eine Vernehmlassung in 3 Exemplaren unter Beilage der gesamten Akten (nummeriert und in einem Aktenverzeichnis aufgenommen) einzureichen“

12. Juni 2019 | Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht

Grundsätzlich sind wir nun froh, dass durch den Einspracheentscheid der eidgenössischen Steuerverwaltung vom 13. Mai 2019 endlich der nächste Schritt folgen kann.

Die ESTV stellt sich auf den Standpunkt, dass die gängige Praxis mit der Wertfreigrenze keine Benachteiligung der im Inland einkaufenden Bevölkerung bedeutet. Auch versucht sie mit allen Mitteln davon abzulenken, dass die Wertfreigrenze einer Subventionierung des Währungstourismus und zusätzlich einer Unterstützung des ausländischen Gewerbes gleichkommt.

Mit normalem Menschenverstand sind die Antworten eindeutig und klar. Nun liegen die Fragen bei einem unabhängigen Gericht – und auf deren Beurteilung sind wir gespannt.

Unsere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beinhaltet unter vielen prozesstechnischen Passagen folgende Punkte:

  • … der Beschwerdeführerin geht es nun um die gerichtliche und damit erstmals unabhängige Klärung der Frage, ob die Steuerbefreiung nach Art. 53 Abs. 1 lit. a MWSTG mit der vom EFD festgesetzten Wertfreigrenze von CHF 300.00 rechtmässig ist, bzw. ob unter dem Gesichtspunkt der rechtsgleichen Behandlung auch die Kunden der Federer Augenoptik AG von einer entsprechenden Wertfreigrenze erfasst sind
  • das inländische Gewerbe wird mit der Wertfreigrenze gegenüber dem grenznahen ausländischen Gewerbe diskriminiert und der Konsument, welcher im Inland einkauft, wird benachteiligt, indem er für das identische Produkt einen um die Mehrwertsteuer erhöhten Preis bezahlen muss
  • die Verletzung der Rechtsgleichheit ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz (S. 8 der Verfügung und Einsprache Erw. 2.2) darin zu erkennen, dass gleiche Produkte, gleiche Leistungen, aufgrund der unterlassenen Mehrwertbesteuerung verbilligt werden, womit der Schweizer Staat das ausländische Gewerbe durch diese Art der „Subventionierung“ bevorteilt
  • …die Beschwerdeführerin verlangt – entgegen der Annahme der ESTV – keine Überprüfung der Angemessenheit der Wertfreigrenze, sondern eine rechtsgleiche Behandlung mit dem Ausland